Demokratie zum Mitmachen und in Theorie

Auf den gelben Blättern notierten die Teilnehmer der 1. Lampertheimer Demokratiekonferenz ihre Meinung, was gute Demokraten ausmacht. Foto: Hannelore Nowacki
LAMPERTHEIM – „Do müsse mer mol babble“ – mit diesem lockeren Spruch hatte die Partnerschaft für Demokratie Lampertheim interessierte Menschen, Jung und Alt, aus allen gesellschaftlichen Bereichen zur 1. Lampertheimer Demokratiekonferenz eingeladen. Zu erwarten war demnach eine lebendige Diskussion, die sich im Plenum und in den Kleingruppen auch entwickeln konnte. Schnell war klar – die fünfzig vorbereiteten Taschen mit Informationsmaterial für angemeldete Teilnehmer würden nicht ausreichen. Im Saal der Zehntscheune versammelten sich etwa 60 Teilnehmer, um sich untereinander und mit den Referenten, Lokalpolitikern und Moderatoren über Demokratie auszutauschen. Der jüngste Teilnehmer mit elf Jahren nahm mit den anderen Vorstandsmitgliedern des neu gewählten Jugendbeirats teil; von der Alfred-Delp-Schule waren Jugendliche mit ihrem Lehrer gekommen. Neben Teilnehmern von weiteren Schulen beteiligten sich Mitglieder des Behindertenbeirats, des Seniorenbeirats und der Integrationskommission, Fraktionsmitglieder und Stadträte sowie weitere Teilnehmer aus dem Kreis der Lampertheimer Bürger. Eine Journalistin aus Somalia, die ein Stipendium hat und sich mit Frauenanliegen befasst, meinte, dass Demokratie durch Menschenrechte und Grundrechte gewährleistet werde. Erster Stadtrat Marius Schmidt, der nach dem Stadtverordnetenvorsteher Franz Korb und Bürgermeister Gottfried Störmer Begrüßungsworte sprach, zeigte sich gegenüber dem TIP begeistert vom Erfolg der Konferenz. Eine Einschätzung, die andere Teilnehmer aus der Lokalpolitik und Experten vom Fach teilten. Das auf knapp sechs Stunden angelegte Programm sah nach dem interaktiven Vortrag zur Demokratiegeschichte in zehn Schritten und bürgerschaftlichem Engagement mit dem Politikwissenschaftler Benedikt Widmaier eine Mittagspause beim Bauernladen Steinmetz vor sowie drei Workshops am Nachmittag. Nach einer Kaffee- und Kuchenpause wurden in der Abschlussrunde Empfehlungen für Lampertheim diskutiert. Zu reden und zu überlegen gab es in den Kleingruppen und im Plenum viel. Die allgemein sinkende Wahlbeteiligung seit den 1970er Jahren und besonders bei Wählern mit unterdurchschnittlichem Haushaltseinkommen gab Anlass zu Überlegungen, wie das zu ändern wäre. Andererseits hatte die Shell-Jugendstudie 2019 mit 77 Prozent sogar eine zunehmende Zufriedenheit der Jugend mit der Demokratie festgestellt. Susanne Kolb nahm die Erkenntnisse entgegen, das grafische Protokoll im Großformat illustrierte Andrea Hausmann aus Frankfurt.

ie altermäßig bunt gemischten Teilnehmer vertieften sich in viele Themenbereiche mit Demokratiebezug. Foto: Hannelore Nowacki
Als Schritte in der Demokratiegeschichte nach 1945 nannte Widmaier die Demokratisierung beginnend mit der „Reeducation“ als Ziel der westlichen Besatzungsmächte, dann das Grundgesetz und über die Dekaden hinweg bis zur zivilgesellschaftlichen Demokratie und im zehnten Schritt die aktuelle Demokratieförderung mit Extremismusprävention, den Aufstand der Anständigen wie von Kanzler Gerhard Schröder einst postuliert, sowie Gestaltung der Vielfalt. Wichtig war den Teilnehmern das Miteinander auf Augenhöhe, Respekt und sich für andere einsetzen. Demokratie ist nicht nur eine Herrschaftsform, sondern auch eine Gesellschaftsform, sie fange im täglichen Leben an, fasste Widmaier zusammen. Und wie steht es überhaupt um die Demokratie in Deutschland? Widmaier spricht von einer „reifen Demokratie“, was sich als bestandene Reifeprüfung verstehen lässt. Ein Auf und Ab sei völlig normal in einer Demokratie. Seinem interaktiven Vortrag hatte Widmaier einen Titel gegeben, nämlich die Frage „Erwartet uns eine Zeitenwende in der Demokratie?“ Stadtverordnetenvorsteher Korb, der darauf eine Antwort hören wollte, bekam sie – ein klares „Nein“. Im Workshop 1 ging es um „Digitale Bürgerbeteiligung“ – Theresa Lotichius war für Input und Moderation zuständig. Den Workshop 2 zum Thema „Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in Zeiten von Umbrüchen“ moderierte Silke Reis vom Fachbereich 40, den Input lieferte Doris Heineck von der Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf. Sie war als Vertretung für die erkrankte Referentin noch am Morgen aus Nordhessen angereist. Im Workshop 3 „Engagement mit und ohne Parteibuch“ waren Lisa-Marie Blumenschein (Junge Liberale Bergstraße) und Oliver Schmitt (Bürgerkammer Rosengarten) die Diskutanten, Susanne Kolb (Koordinatorin Partnerschaft für Demokratie) moderierte. Hannelore Nowacki