„Laufen verbindet“

In allen Facetten vertreten – von der Schulleitung und dem Kollegium über den Förderverein bis hin zu Schüler- und Elternschaft – war das LGL bei der Spendenübergabe an die acht lokalen, regionalen und überregionalen Empfänger. Foto: Nadine Schütz
LAMPERTHEIM – Fünfundsechzigtausend Euro! Diese Zahl muss man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Genau diesen Betrag konnten am vergangenen Dienstag Schülerinnen und Schüler des Lessing-Gymnasiums Lampertheim an Organisationen überreichen, die sich in der Ukrainehilfe engagieren. Wie es dazu kam? Am 25. März konnte endlich wieder der Solidaritätslauf stattfinden: Ein Tag an dem der Schulbetrieb stillgelegt wird, an dem die Schülerinnen und Schüler laufen – um Haltung zu zeigen – für den Frieden, für die Menschlichkeit.
Im Vorhinein hatten sich die Schülerinnen und Schüler in ihrem Familien- und Bekanntenkreis um Sponsoren bemüht, die gebeten wurden, für jede Absolvierte Laufeinheit einen selbst festgelegten Betrag zu spenden. Innerhalb kürzester Zeit war dies gelungen, sodass die Läuferinnen und Läufer die 10 Minuten Laufzeit in 250-Meter-Etappen motiviert angehen konnten.
„Wir sind stolz auf unsere Schulgemeinde – die Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern, Nachbarn und Verwandten“, freute sich Schulleiterin Silke Weimar-Ekdur bei der Spendenübergabe und bedankte sich herzlich für das großartige Engagement. „Das ist eine sensationelle Leistung!“, schloss sich Jochen Rüdel, Leiter Fachbereich I und Sportlehrer, mit einem großen Lob an die Schüler an. „Ich hatte insgeheim einen fünfstelligen Betrag erwartet, aber diese Zahl ist überwältigend“, verriet er und bekannte augenzwinkernd, dass es eine neue Erfahrung gewesen sei, so viel Bargeld zur Bank zu bringen.
Der Förderverein des Lessing-Gymnasiums übernahm die Verwaltung und rundete den erlaufenen Betrag von 64.570,48 Euro auf. 358 Buchungen verzeichnete Kassenwart Holm Knorrn. „Es müssen über tausend Einzelspenden gewesen sein“, schätzte er.
„Wir hatten keine Ahnung von der Dimension“, gestand Weimar-Ekdur. Intensive Besprechungen mit dem Kollegium, viele Gespräche und Telefonate waren notwendig, um die passenden Spendenempfänger mit einem angemessenen Betrag zu bedenken. „Es sollte nichts unter- aber auch nichts überfinanziert werden“, erklärte die Schulleiterin die Anstrengungen. „Die Verantwortung, mit dem Geld umzugehen war riesengroß.“ Letztendlich entschied man sich für die Unterstützung der Ukrainehilfe von vier überregionalen Organisationen (Schüler Helfen Leben, Save the Children e.V., Bündnis Entwicklung Hilft, Deutsches Rotes Kreuz e.V., jeweils 10.000 Euro), einer regionalen und drei Lokalen Organisationen.
Maria Melnik, Deutsch-Ukrainische Gesellschaft Rhein Neckar e.V., nahm gerührt einen symbolischen Spendenscheck über 10.000 Euro entgegen. Sie berichtete hautnah von den Kriegsschrecken, von den dringend benötigten, monatlichen Lieferungen medizinischer Produkte ins Krisengebiet durch den Verein und den durch die Spritpreisentwicklung enorm gestiegenen Transportkosten. „Teilweise opferten Mitglieder ihren Jahresurlaub, um den Transport zu finanzieren“, machte Melnik die Not deutlich. „Ihr seid für einen guten Zweck gelaufen – in der Ukraine laufen die Kinder um ihr Leben. Ich möchte mich bei euch allen ganz, ganz herzlich für euer Engagement bedanken!“
Das Katholische Familienzentrum Hofheim bedachte man mit 2.000 Euro. Petra Gahabka, Projektleitung Katholisches Familienzentrum Hofheim und Integrationskraft, bedankte sich auch im Namen der Pfarrgemeinde St. Michael für die finanzielle Unterstützung. Seit Mitte März gebe es in Hofheim einen wöchentlichen Ukraine-Treff, der sich nicht nur an die Geflüchteten richtet, sondern alle, die mit ihnen in Kontakt kommen oder helfen wollen. Das Angebot der ehrenamtlichen Einrichtung reicht von der Kleiderkammer über Zusammensein bei Kaffee und Kuchen bis hin zu Bastelangeboten für die Kleinen. Eine Besonderheit sind die von den Geflüchteten selbst angebotenen Aktivitäten wie Sprachkurse, Kinderbetreuung und ein Malkurs unter der Leitung einer ukrainischen Kunststudentin. „Unser Netzwerk wächst ständig“, freute sich Gahabka und verwies auf das in Bälde öffnende „Drop-In“. „Wir suchen aber noch dringend Fahrrad-Fahrlehrer.“

Die Freiwilligkeit in der Gesellschaft habe nachgelassen; Es habe sich also ergeben, dass die Spendenübergabe zu einem guten Zeitpunkt stattfinde, machte Schulleiterin Silke Weimar-Ekdur (r.) den Zuhörerinnen und Zuhörern bei ihrer Ansprache bewusst. Foto: Nadine Schütz
Die Organisation „Helping Hands“, vertreten durch Claudia Lamm, die sich über eine Spende in Höhe von 5.000 Euro freuen durfte, fährt schon seit sechs Jahren monatlich einen Hilfstransport in die Ukraine. Zudem hat sich für die Initiative vor Ort das Jugendheim Mariä Verkündigung in der Hagenstraße als Lager für Sachspenden aufgetan: „Unsere Ausgabestelle ist zwei Mal pro Woche geöffnet“, erzählte Lamm. Dort bekämen bedürftige Flüchtlinge Grundnahrungsmittel, Ausstattungsgegenstände wie Matratzen oder Geschirr, Kleidung und Spielsachen.
Im Namen der Stadt Lampertheim nahmen erster Stadtrat Marius Schmidt und Andreas Dexler, Leiter der Stabsstelle Soziales, einen symbolischen Spendenscheck in Höhe von 8.000 Euro entgegen. „Danke, dass sie an uns gedacht haben“, waren Dexlers Worte im Zusammenhang mit der Vernetzungsarbeit, die in Lampertheim geleistet werde, den anstehenden Ausflügen sowie des Engagements der Übersetzer und Integrationslotsen. Man kümmere sich zudem darum, dass Schüler im Erwerb der Schriftsprache vorankommen. Die Spende ist also ein willkommener Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgaben. „Laufen verbindet“, resümierte Schmidt, „eure Aktion ist ein großer Akt der Verbundenheit. Vielen Dank!“ Nadine Schütz