Menschenrecht für Wörter

Dekan Arno Kreh (Bergstraße), Dekan Karl Hans Geil (Ried), Präses Dr. Michael
Wörner (Bergstraße), Präses Harald-Udo Kouba (Ried) und der Vorsitzende der
Dekanatsstiftung, Dr. Reinhart Baehr (v.l.) konnten Heidrun Kämper als Festrednerin gewinnen. Foto: oh
HEPPENHEIM – Die Würde des Menschen werde geachtet und geschützt, wenn die Würde des Wortes gewahrt sei, wenn achtsam und respektvoll mit und über Menschen geredet werde. Das erklärte die Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Heidrun Kämper in ihrem Festvortrag beim Empfang zum neuen Kirchenjahr, den die beiden evangelischen Dekanate Bergstraße und Ried am Vorabend des 1. Advents gemeinsam in Heppenheim veranstalteten. Kämper, die am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim den Arbeitsbereich „Sprachliche Umbrüche des 20. Jahrhunderts“ leitet, setzte sich mit dem Menschenbild und der Sprache des Rechtspopulismus am Beispiel der AfD auseinander. Das Parteiprogramm und die Aussagen führender AfD-Politiker zeigten, dass die Partei die Herkunft des Menschen zum Bewertungskriterium mache. Das Fremde werde abgewertet, das Eigene überhöht. Das widerspreche der allgemeinen Erklärung der Menschrechte, wonach „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten“ sind und nach jüdisch-christlicher Auffassung der Gottebenbildlichkeit des Menschen. Der Gleichheitsgrundsatz sei auch für das Grundgesetz von zentraler Bedeutung. Sein erster Artikel „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ lege eine Haltung fest, die Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus tabuisiere. „Diese Tabuisierung ist gesellschaftlicher Konsens. Diesen Konsens kündigt das AfD-Programm auf“, betonte Kämper. Die AfD bediene sich einer diskriminierenden, ausgrenzenden Sprache, die stets auch die Bereitschaft zur physischen Gewalt erkennen lasse. Demgegenüber plädierte die Festrednerin für eine Sprache, die die Würde des Menschen achte und schütze. „Politisch korrekte Sprache ist das Menschenrecht für Wörter“, sagte Kämper vor mehr als 220 geladenen Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft im „Halben Mond“ in Heppenheim. Zum Abschluss zitierte sie den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber, der von 1916 bis 1938 in Heppenheim lebte. „Der Mensch wird am Du zum Ich. Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Würde der Sprache ist laut Kämper dann gegeben, wenn im Buberschen Sinne Begegnung stattfinde, ein Ich einem Du gemeinschaftlich begegne und man sich im Reden aufeinander beziehe. „Entwürdigung der Sprache ist dann gegeben, wenn nicht mit, sondern abwertend über den Anderen, den Fremden, geredet wird“, sagte Kämper unter lautstarkem Beifall der Gäste. Die Starkenburger Pröpstin Karin Held überbrachte Grüße der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und legte die Jahreslosung für 2018 aus: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offenbarung 21,6). Der Bergsträßer Landrat Christian Engelhardt sprach sich in seinem Grußwort dafür aus, dass sich Kreis und Kirche partnerschaftlich für die Menschen einsetzen. Der Bergsträßer Präses Dr. Michael Wörner hob bei der Begrüßung hervor, dass die Eingliederung der zehn südlichen Kirchengemeinden im Dekanat Ried „so reibungslos wie möglich gestaltet werden soll“. Mit Beginn des Jahres 2019 wird das Dekanat Ried aufgelöst. Der südliche Teil kommt zum Dekanat Bergstraße, der nördliche zum Dekanat Groß Gerau-Rüsselsheim. Musikalisch gestaltet wurde der Empfang vom Oratorienchor Rimbacher Singkreis unter Leitung von Dekanatskantorin Han Kyoung Park-Oelert sowie vom Posaunenchor Schlierbach, der von Tanja Rettig dirigiert wurde. Im Anschluss lud der Vorsitzende der Dekanatsstiftung Dr. Reinhart Baehr wieder zum gemeinsamen Essen ein. zg