Fürstliche Vergangenheit und bürgerliche Gegenwart in Neuschloß am Jubiläumswochenende festlich vereint
Ein Schloss mit schöner Zukunft
NEUSCHLOSS – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind in Neuschloß ganz besonders erlebbar wie beim vergangenen Jubiläumswochenende, dem Höhepunkt der Feierlichkeiten in diesem Jahr mit einem zweitägigem Festprogramm im Schlosshof und rund um den Beamtenbau, der einmal Teil der zerstörten Schlossanlage war. Im Wald von Neuschloß hat Kurfürst und Pfalzgraf Friedrich I. einst zu Jagdgesellschaften eingeladen, ein Tag ist sogar bekannt, denn vor 550 Jahren, genau am 10. September 1468, wurde eine Urkunde in „Castro Novo Friedrichsburg“ unterzeichnet. Den Kurfürst zog es immer wieder in diese wildreichen Wälder, ein Schloss ließ er hier neu erbauen, mit allen notwendigen Nebengebäuden und zur Bewirtschaftung einen Beamtenbau, der heute kurzerhand zum Schloss erklärt werden kann. Nur ein Tagesausflug von Heidelberg aus zur Jagd war Friedrich I. auf Dauer zu beschwerlich geworden, das darf man annehmen. Neuschloß war mit der fröhlichen kurfürstlichen Jagd verbunden und auch heute gibt es Jäger im wildreichen Wald von Neuschloß, wie Hornmeister Hans Hahn von den Wormser Jagdhornbläsern bezeugte. Wie bei großen Jagdereignissen bekam das Festpublikum einen Eindruck von der Vielfalt der Musiktitel, nun nicht zum erlegten Wild, sondern im Wechsel mit den Reden. Mit dem „Signal Begrüßung“ riefen die Jagdhornbläser „Auf zum fröhlichen Jagen“, der Wormser Jägermarsch und der Hubertusmarsch folgten. „Der Jäger aus Kurpfalz“ und der „Festmarsch“ erklangen mit Schwung, der Sollingfanfare folgte der Hirschmarsch, später zum Lob der Hunde eine Fanfare und der Jägermarsch, nachdem schon der „Sautod“ und der „Rehtod“ musikalisch gemeldet waren. In ihrem historischen Rückblick zur offiziellen Eröffnung des Jubiläumswochenendes am Samstagvormittag zurrte Carola Biehal, Vorsitzende der Bürgerkammer in Neuschloß, diese Geschichte in einigen Sätzen zusammen, kam zur Neuzeit mit Zerstörung, Brache, Bau der chemischen Fabrik, die in hundert Jahren bis 1927 für die Altlasten im Boden gesorgt hatte, die den Neuschlössern in den Neubaugebieten viele Jahrzehnte später überraschende Herausforderungen bescherten. Damit nicht genug, dies fast überstanden, „droht die Zerschneidung unseres Waldes durch eine neue Bahntrasse“. Doch tapfer wird Neuschloß verteidigt: „So klein wir waren und sind, es scheint die Aufgabe der Neuschlösser Bevölkerung zu sein, immer neue Herausforderungen zu bewältigen, auch als Vorreiter für manches Neue“, sagte Biehal den Besuchern im Festzelt. Heiter war die Eröffnung - allen aktuellen Problemen zum Trotz. Die fröhliche Aufführung des Kindergartens begeisterte nicht nur die stolzen Eltern. Über reges Treiben am Spielmobil der Stadt Lampertheim freute sich das Team um Susanne Camus. Auf dem Rasenvorplatz am Schloss zeigte der Historische Tanzkreis Bensheim im malerischen Zeltlager mit Sau am Spieß, jedoch modern in Alufolie verpackt, mittelalterliches Alltagsleben, wie es gewesen sein könnte. Im Lager und bei der Tanzaufführung im Schlosshof spielten sie Musik auf nachgebauten historischen Instrumenten. Bei Führungen im historischen Schlossgebäude erfuhren die Besucher vom Schlossherrn und Architekten Franz-Rudolf Braun persönlich, wie es mit dem denkmalgeschützten Gemäuer weitergehen soll. In mindestens sieben Wohnungen soll zukünftig Wohnen im Schloss möglich sein. Nachdem der Putz und die Bodenbeläge zur Sanierung entfernt waren, kamen das Originalmauerwerk mit Brandspuren aus dem Dreißigjährigen Krieg und die historischen Sandsteinbodenplatten zum Vorschein.
Die Kiefern für die nun freigelegten Holzbalken wurden im Jahr 1747 gefällt, wie Untersuchungen ergeben haben. In den Jahren 1465 bis 1468 sei das Gebäude im Renaissancestil errichtet worden, zur Barockanlage mit neuen Symmetrien habe es die Sanierung im Jahr 1747 gemacht. „Eigentlich könnte es so bleiben“, meinten einige Besucher, die sich an der schön dekoriert in Szene gesetzten Bilderausstellung von vier Neuschlösser Kunstschaffenden erfreuten. Nachdenklich stimmte hingegen die Fotodokumentation der Altlastensanierung. Hannelore Nowacki
Grußworte zum Neuschlösser Jubiläum
Einige der Ehrengäste aus Politik und Wirtschaft knüpften in ihren Grußworten an die Geschichte und die aktuellen Herausforderungen an. Michael Bayer, der gemeinsam mit Gisela Bürkel durch das Festprogramm führte, ließ die Gäste vor ihrem eigentlichen Grußwort in kurzweiligen Interviews zu Wort kommen, wie sie zum kleinen Ortsteil Neuschloß denn ganz persönlich stehen. In seiner Jugendzeit sei er nach Neuschloß geradelt, um hier im Wald und auf dem Sodabuckel zu spielen, erinnerte sich Bürgermeister Gottfried Störmer. Mit Blick auf die Vielzahl von Ereignissen im Laufe von 18 Menschengenerationen und die erzielten Ergebnisse der letzten Jahre, an denen die Bürger und Bürgermeister Erich Maier mitgewirkt hatten, meinte Störmer: „Sie haben Erstaunliches auf die Beine gestellt und sich unser aller Beifall verdient – weiterhin eine erfolgreiche Zukunft“. Spargelkönigin Christin I. lud die Besucher ein, Neuschloß neu zu entdecken und die noch unbekannten Seiten kennenzulernen. Landrat Christian Engelhardt fiel der Vergleich mit dem wehrhaften Dorf gallischen Dorf von Asterix und Obelix ein: „Gefeiert wird immer, egal was los ist“. Der Zusammenhalt werde gepflegt, wenn man viel zu erreichen habe. Bei der ICE-Trasse setzt Engelhardt auf dem gemeinsamen Weg mit möglichst geringen Beeinträchtigungen für alle Betroffene in Südhessen. Stadtverordneter und FDP-Fraktionsvorsitzender Thomas Bittner erinnerte an die die Zeit der Koalition im Ortsbeirat und die 18 Jahre, als FDP-Mitglied Gottlieb Ohl Ortsvorsteher war. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Marius Schmidt als einer der Jüngeren in der Runde findet die 1,5 Kilometer Entfernung von LA nach „New Castle“ gar nicht weit. In Neuschloß sieht er das ehrenamtliche Engagement und die „Frauenpower“ auch beim Festwochenende als große Leistung und kam zum Ergebnis: „Hier im kleinen Neuschloß schafft man zusammen Großes“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Michael Meister nahm in Sachen ICE-Trasse abwartend Rekurs auf den Bundesverkehrswegeplan und die kommenden Knotenstudien zu Frankfurt und Mannheim mit dem Deutschlandtakt. Den Neuschlössern wünschte er die weitere Festigung der Dorfgemeinschaft. Hannelore Nowacki