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  • Do., 30. Januar 2020, 09:16 Uhr
    Altlastenverein löst sich auf / Rückblick auf fast 200 Jahre 

    Erfolgreicher Schlussstrich nach 31 Jahren

    Der Verein Altlasten Neuschloß hat seine Arbeit erfolgreich abgeschlossen, der Vereinszweck ist erfüllt. Im Bild der Vorstand (von links): 2. Vorsitzender Dr. Günter Weidenauer, 3. Vorsitzender Michael Bayer, 1. Vorsitzende Carola Biehal, Schriftführerin Gabriele Klos und Kassenwart Günter Kirchenschläger. Foto: Hannelore Nowacki


    NEUSCHLOSS – Die große Aufgabe ist geschafft: „Nach 31 Jahren sind zwei Großprojekte abgeschlossen, die Grundwasserreinigung ist auf einem guten Weg, wir müssen aktuell nicht um eine Finanzierung kämpfen“, fasste Carola Biehal die Erfolgsgeschichte des Vereins Altlasten Neuschloß und des Projektbeirats Altlasten bei der Mitgliederversammlung des Vereins zusammen. An der Sicherung der kontaminierten Flächen „Roter Hof“ und „Sandgruben“ werde noch gearbeitet. Wie Stephan Frech, Fachdienstleiter Umwelt bei der Stadt Lampertheim, erklärte, führe die Abdeckung zu einer geringeren Sickerrate, die zudem überwacht werde. Am Sanierungsplan wirken Regierungspräsidium Darmstadt und die Stadtverwaltung mit. Der Projektbeirat besteht weiterhin und soll mit Bürgerkammer und den direkten Anwohnern bei den Baumaßnahmen „Roter Hof“ und „Sandgruben“ ab 2022 beteiligt werden. „Wir können auf eine erfolgreiche Arbeit zurückschauen und stolz sein!“, gab Biehal den 33 anwesenden Mitgliedern auf den Weg, die dieser Aussage applaudierend zustimmten. Aktuell hat der Verein 84 Mitglieder, früher waren es hundert. Die Vereinsauflösung war das Hauptthema der Mitgliederversammlung, beschlossen war die Auflösung jedoch satzungsgemäß nach Erreichen des Vereinsziels bereits vom erweiterten Vorstand, der in Personalunion auch den Projektbeirat stellt. Einstimmig entlastete die Mitgliederversammlung den Vorstand, nachdem die Kassenprüfer eine korrekte Kassenführung festgestellt hatten. Nach dem einjährigen Liquidationszeitraum erhalten die Mitglieder anteilig Mitgliedsbeiträge zurück, der Restbetrag von etwa 7.000 Euro werde an die Stadt Lampertheim ausgezahlt, die das Geld nur für gemeinnützige Zwecke in Neuschloß verwenden darf. Die Beendigung der Liquidation werde vom Registergericht veröffentlicht, erst dann sei der Verein erloschen, erläuterte Biehal das Verfahren nach Satzung und Bürgerlichem Gesetzbuch. Gedacht wurde auch der verstorbenen Vereinsmitglieder, die während dieses langen Zeitraums viel Kraft aufgewendet haben, wie Gottlieb Ohl betonte und dankte den Vereinsmitgliedern für ihre Arbeit. Transparenz und die Bürger mitzunehmen sei von Anfang an das Ziel gewesen, sagte Ohl, damals 18 Jahre lang Ortsvorsteher. Auf die besondere Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Erich Maier wies Ohl ebenfalls hin: „Die Sanierung von Neuschloß war sein Lebenswerk“. Michael Bayer, 3. Vorsitzender des Altlastenvereins, will nach vorne schauen, was heißt „es ist noch nicht ganz vorbei“. Nicht nur lägen die Dioxinwerte in den anstehenden Sanierungsfällen vielhundertfach über den Grenzwerten, ein echter Knaller sei das Grundwasser. Wie groß der Kampf war, zeige auch die neue Dokumentation von Michael Bayer unter www.altlast-neuschloss.de, die Biehal zur detailreichen Erinnerung empfahl.   

    Rückblick auf fast 200 Jahre 

    Bei ihrem Rückblick auf die größte bewohnte Altlast in Deutschland musste Carola Biehal bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen, denn die Bodenverseuchung ist durch den Betrieb der 1827 erbauten chemischen Fabrik in Neuschloß entstanden. Soda, Säuren, Chlorkalk, Glaubersalz wurden dort produziert, ab 1895 bis zur Schließung 1927 auch Kunstdünger. Nach dem Verkauf und Abriss der Fabrik 1928 blieb eine Brachfläche liegen. Fundamente und Grundmauern sowie alle giftigen Ablagerungen blieben erhalten. Ab 1950 wurden auf dem ehemaligen Betriebsgelände Wohnhäuser gebaut. 1980 begann eine größere Bauphase bis zur Waldgrenze und südlich bis zum Waldfriedhof. Nachdem ein Gefährdungspotenzial erkannt war, wurde die Freizeitanlage auf dem „Sodabuckel“ 1989 geschlossen. 2016 war die Sanierung des „Sodabuckels“ beendet. Die Bodensanierung auf dem ehemaligen Betriebsgelände wurde 2011 abgeschlossen. Seitdem fielen keine Kosten mehr für Rechtsanwälte und Gutachten an, daher wurden nach Satzungsänderung keine Mitgliedsbeiträge mehr eingezogen. Im Grundwasserleiter befinden sich etwa 7 bis 10 Tonnen giftiges Arsen, die durch die Grundwasserreinigung seit 2003 jährlich um etwa 50 bis 60 Kilogramm vermindert wurden, ein Verfahren, das 100 Jahre und länger hätte angewendet werden müssen. Einen Glücksfall nannte Biehal die Erfindung eines weltweit einzigartigen Verfahrens zur Arsenmobilisierung am Institut für Geowissenschaften an der Universität Heidelberg, das durch 20-fache Arsenmobilisierung schon in acht bis 10 Jahren zum Erfolg führen werde. Der Untergrund werde nicht völlig frei von Arsen sein, aber in geringerer Konzentration.  Nach der zwei Jahre dauernden Pilotphase wurde 2017 mit dem Bau einer großtechnischen Anlage begonnen, die 2019 fertiggestellt wurde. Am 27. Februar lädt die Betreiberfirma HIM-ASG zum Tag der offenen Tür ein. Hannelore Nowacki

     
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