NATUR: Waldexkursion im Dürre geplagten Bürstädter Wald auf Einladung der Grünen
„Es war bewegend“
BÜRSTADT – Dunkle Wolken hingen am Donnerstagnachmittag über dem Bürstädter Wald, sie verhießen Regen. Aber nur ein paar Tropfen erreichten dann und wann den Waldboden. Das musste den durstigen Bäumen nicht gefallen, kam jedoch den etwa 30 Teilnehmern der zweieinhalbstündigen Fahrrad-Waldexkursion entgegen, die sich auf Einladung der Grünen-Fraktion im Bürstädter Stadtparlament auf dem Waldparkplatz an der Wasserwerkstraße trafen. Dort warteten schon die Waldexperten von Hessen Forst, Forstamtsleiter Ralf Schepp, Revierleiter Armin Stoll, zuständig für den Wald von Bürstadt und Lorsch, sowie Alexander Schwanke, der sich als Referendar beim Forstamtsleiter auf den höheren Forstdienst vorbereitet. Sie hatten sich bereit erklärt, für Informationen aus erster Hand sorgen. Auf den ersten Blick signalisiert das saftige Grün im Umkreis des Parkplatzes, dass es so schlimm um das Wald-Ökosystem noch nicht stehen kann. Doch das täuscht gewaltig, wie sich wenig später auf dem Weg Richtung Wasserwerk zeigt. Am Wegrand hat sich frühlingsgrünes Buschwerk und niedriger Bewuchs entwickelt, doch die vielen Baumgerippe und schütteren Kronen beim Blick zum Himmel weisen auf das Ausmaß der Schäden hin. Kiefern haben ihre Nadeln verloren, Laubbäumen fehlen Blätter, Äste brechen ab. Forstamtsleiter Schepp erklärte im Gespräch mit dem TIP, dass von den 2.200 Hektar Bürstädter Wald 80 Prozent auf verschiedene Weise geschädigt seien – hauptsächlich seien die älteren Bäume der vorherrschenden Kiefern und Eichen betroffen. Buchen, Hainbuchen, Bergahorn und Linden gebe es auch.
Der Wald werderegelmäßig kontrolliert, die abgestorbenen und die voraussichtlich absterbenden Bäume entnommen. Die Trockenheit der letzten Jahre habe den Bäumen zugesetzt, der Borkenkäfer nutzt das aus und setzt sich zwischen Rinde und Holz. Jede Baumart hat ihren speziellen Borkenkäfer, erläuterte Revierleiter Stoll, mit der Trockenheit komme zudem der Pilz Diplodia, der die Kiefern absterben lässt. Kann das Holz vermarktet werden? Ja, sagt Schepp, die Qualität sei eingeschränkt, auch etwas minderwertig, aber alle Sortimente seien verkaufbar. Grünen-Stadtverordnete Silke Renz fasste ihre Eindruck nach der Waldexkursion gegenüber dem TIP zusammen: „Es war bewegend“. Aus dem Kreis der Teilnehmer seien viele Fragen gestellt worden. Sie berichtete von der Stelle mit dem Brunnen, an dem Schepp den Grundwasserspiegel zeigen konnte. Der reichte in den 1960er Jahren bis 2,50 Meter, heute sind es 6,50 Meter, mit einer kurzfristigen Verbesserung 2015 auf 5,50 Meter - für die Wurzeln der alten Bäume unerreichbar. Die alten Bäume könnten sich nicht anpassen. Weiter im Wald, dort wo das Wasserwerk auf der einen Seite Spülwasser einleite, sei gehe es den Bäumen gut, gegenüber, ohne „Gießwasser“ sei der Wald ziemlich tot. Forstfachmann Schwanke habe erklärt, dass bei der Aufforstung mit jungen Bäumen eine Laubwaldmischung angepflanzt werde, die mit wenig Wasser einen Hochwald ausbilden könne. Die Experten schildern das Problem: Zu wenig Regen über Winter für eine Grundwasserneubildung. Betroffen sei das Waldgebiet von Lampertheim bis Groß-Rohrheim. Außerdem werde Wasser für Frankfurt entnommen. Aktuell sei die Waldbrandgefahr groß. Wie es zu dieser Waldexkursion kam, berichtete Silke Renz dem TIP: Im Frühjahr seien die Grünen von Leuten angesprochen worden, die im Wald unterwegs gewesen waren. In der Vorbereitung dieser Partei übergreifenden und öffentlichen Informationsveranstaltung habe öffentlich eingeladen, alle Fraktionen und den Magistrat angeschrieben und eingeladen. Unter den Teilnehmern waren CDU und Freie Wähler vertreten, wie Silke Renz gesehen hatte, entschuldigt habe sich die FDP-Fraktionsvorsitzende Chantal Stockmann. Direkten Einfluss auf die Waldbewirtschaftung habe die Lokalpolitik nicht, stellte Silke Renz fest, aber die Lokalpolitiker sollen gemeinsam bewusst machen, dass „wir am Klimawandel nicht vorbeischauen können“. Das Thema Klimawandel und örtliche Maßnahmen sollten in den Vordergrund gestellt werden. Hannelore Nowacki