LAMPERTHEIM – Der Name des Jesuitenpaters Alfred Delp, Widerstandskämpfer gegen das Hitler-Regime und Märtyrer für ein freiheitliches Deutschland, ist in seiner Heimatstadt Lampertheim allgegenwärtig – in Würdigung seiner Haltung trägt ein Platz in der Innenstadt seinen Namen, eine weiterführende Schule und ein katholischer Kindergarten sind nach ihm benannt, in der Sankt-Andreas-Kirche gibt es eine Alfred-Delp-Kapelle und seit Anfang des Jahres mit dem Zusammenschluss aller elf katholischen Kirchengemeinden von Groß-Rohrheim bis Lampertheim zur Pfarrei Alfred Delp Südliches Ried ist der Jesuitenpater Alfred Delp für rund 17.800 katholische Christen das einigende Band. Anders als in den Vorjahren fand die Gedenkfeier auf Einladung der Stadt Lampertheim und der katholischen Kirchengemeinde einen Tag früher statt, da am 80. Todestag Alfred Delps am 2. Februar die Gründungsfeier mit Festgottesdienst der neu strukturierten Pfarrei vorgesehen war. Zahlreiche Bürger hatten sich auf dem Europaplatz vor dem früheren Wohnsitz der Familie Delp versammelt, Kerzen haltend, die Ministranten verteilt hatten. Die Katholische Kirchenmusik unter Leitung von Markus Niebler begann die Gedenkstunde mit dem Musikstück „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden). Abschließend sprach Pfarrer Christian Rauch im Gebet die Bitte aus, dass Demokratie für alle lebendig werde und Licht in dunkle Zeiten komme und erteilte den Segen. Nach dem Gedenken auf dem Europaplatz waren alle eingeladen in der t.-Andreas-Kirche in meditativer Atmosphäre zu verweilen, dem Chor Ephata und Wortbeiträgen zuzuhören sowie die großformatigen Bilder mit Zitaten von Alfred Delp auf sich wirken zu lassen.
Foto: Hannelore Nowacki
Vordenker und Vorbild
Bürgermeister Gottfried Störmer regte in seiner Begrüßungsansprache an, die heutige Zeit am Beispiel des von den Nationalsozialisten ermordeten Jesuitenpaters Alfred Delp zu betrachten. Dessen Leben und Opferbereitschaft dürften nicht vergessen werden, seine Willenskraft und sein Glauben, seine Visionen seien ein Zeichen bis heute - er habe für Freiheit, Würde des Menschen und die Wahrheit eingestanden. Die Gedenkrede hielt Erster Stadtrat Marius Schmidt, der Alfred Delp als Vorbild würdigte, dem die Nächstenliebe wichtig war und der für das Nachkriegsdeutschland Pläne und aus heutiger Sicht erstaunliche Vorschläge entwickelte wie einen dezentralen Staat. Alfred Delp habe eine Erklärung für universelle Menschenrechte abgegeben, wie sie erst nach dem Krieg durch die Vereinten Nationen auf den Weg gebracht wurden. Für den Jesuitenpater Alfred Delp habe festgestanden: Christentum und Nationalsozialismus sind unvereinbar, Widerstand ist Pflicht. Das Angebot der Nationalsozialisten, Alfred Delp könne sein Leben retten, wenn er aus dem Jesuitenorden austrete, habe er abgelehnt. Schmidt machte die Bedeutung dieses Vordenkers für Lampertheim im Besonderen deutlich: 1995 wurde Alfred Delp durch einstimmigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum Ehrenbürger ernannt und 2007 wurde ihm der erste Stolperstein von mittlerweile über 50 Stolpersteinen gewidmet. Der Alfred-Delp-Platz wurde neu gestaltet und die Stadt Lampertheim hat im vergangenen Jahr den Alfred-Delp-Preis gestiftet. Und mit der Namenwahl für die neue Pfarrei sei Alfred Delp präsenter denn je. In Anlehnung an Alfred Delp sieht Schmidt für das politische Handeln das Ringen um die besten Ideen als Richtschnur, um nicht leichtfertig Extremisten in die Hände zu spielen, es gelte aufzustehen gegen Hass und Hetze für Menschlichkeit und Wahrheit.
Inszenierung einer Talkshow und Demonstration
Zum Thema Widerstand damals und heute führte der 9. Jahrgang der Alfred-Delp-Schule eine fiktive Talkshow auf, in der die Schülerinnen und Schüler ihre Erkenntnisse aus der intensiven Beschäftigung im Unterricht der letzten sechs Wochen verarbeitet hatten, um Denkanstöße zu geben und die Zuschauer einzuladen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen: „Was bedeutet Widerstand für uns heute und welche Verantwortung tragen wir als Bürgerinnen und Bürger?“ Alfred Delp beschreiben sie als mutigen Widerstandskämpfer gegen die nationalsozialistische Diktatur, der sich als Mitglied des Kreisauer Kreises für eine menschlichere und gerechtere Gesellschaft einsetzte. „Sein Leben und sein Engagement sind für uns ein Vorbild, das uns auch heute noch beeindruckt“. In der Gesprächsrunde stellten sie verschiedene Perspektiven dar, vertreten in Rollen als engagierte Bürger für Demokratie und Gerechtigkeit und als eher bequeme Bürger, die noch nicht aktiv sind, denen das alles zu anstrengend ist. Dagegen setzt sich eine fiktive Verwandte Alfred Delps aktiv für Zivilcourage ein. Die Erkenntnis am Ende: „Wenn wir passiv bleiben, überlassen wir anderen – oft den Falschen – die Kontrolle über unsere Zukunft. Widerstand ist nicht nur eine historische Pflicht, sondern auch eine zeitlose Aufgabe“. Schüler aus der 6. Klasse mischten sich mit Plakaten als Demonstranten unter die Zuschauer. In der Dämmerung leuchteten Kerzen und zusätzlich Handylampen und Taschenlampen, die ausgeteilt wurden. Im Unterricht der Fächer Politik/Wirtschaft, Geschichte, Religion und Deutsch mit ihren Fachlehrern Sina Motamedi, Christine Weppelmann und Rachid Machkour wurden die Beiträge erarbeitet.
Hannelore Nowacki
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